Lavaters helfende Hände – Schreiberinnen und Schreiber im Zürich des 18. Jahrhunderts
Dienstag, 19. März 2024
18:00 - 20:00 Uhr
Hermann-Escher-Saal
Abendvortrag von Dr. Richard Fasching
Johann Caspar Lavater (1741–1801) war in seinem relativ kurzen Leben mit etwa 1’900 Briefpartnern und Briefpartnerinnen im Austausch. Um den Überblick über seine äusserst umfangreiche Korrespondenz zu behalten, liess er vor dem Versand eines Briefes jeweils eine Kopie für das eigene Archiv erstellen. Bekannt ist, dass der Zürcher Pfarrer unterschiedliche professionelle Gehilfen beschäftigte, die ihm bei seinen Schreibarbeiten zur Hilfe standen. Neben anderen Geschäften haben diese Sekretäre, Schreiber und Kopisten entweder nach Diktat oder mittels Abschrift Briefe für das persönliche Archiv Lavaters kopiert. Bislang kaum bekannt war hingegen, dass eine nicht geringe Anzahl helfender Männer und vor allem helfender Frauen einen Grossteil der anfallenden Kopierarbeiten für Lavater unentgeltlich übernommen hat. Es lassen sich nämlich mindestens drei Männer sowie um die zehn Frauen nachweisen, die ab den Achtziger- und vermehrt ab den Neunzigerjahren des 18. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Motivationen den St. Peter-Pfarrer unterstützt haben und die Verwaltung und Archivierung seiner Korrespondenz erst möglich machten. Im Vortrag werden diese mit Lavater befreundeten Männer und Frauen exemplarisch vorgestellt, indem einzelne Biografien mit Blick auf persönliche Verhältnisse zu Lavater sowie auf die Schreibtätigkeiten nachgezeichnet und kontextualisiert werden. Bei den helfenden Frauen lässt sich zeigen, dass die namentlich bekannten, allesamt in Zürich wohnhaften Kopistinnen die Möglichkeit der Übernahme von Arbeiten für Lavater als Privileg und Vertrauensbeweis des berühmten Pfarrers verstanden. Gleichzeitig erhielten sie durch ihre Schreibtätigkeit Einblick in Lavaters Briefverkehr mit berühmten Persönlichkeiten. Den Inhalt der von ihnen kopierten Briefe nutzten die Zürcher Frauen nachweislich zur Selbst-Unterweisung.
Dr. Richard Fasching ist seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt Johann Caspar Lavater: Historisch-kritische Edition ausgewählter Briefwechsel an der Universität Zürich und an der Zentralbibliothek Zürich.
Eintritt frei