China und der Westen
China und der Westen stehen seit Jahrhunderten in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander. Immer wieder zog es Europäer ins ferne Reich der Mitte, während umgekehrt Chinesen die weitläufigen Regionen westlich ihres Landes erkundeten. Die Ausstellung in der Zentralbibliothek zeigt frühe abendländische Werke über China und lädt ein zu einer Reise durch Zeit und Raum auf den Spuren einer faszinierenden Kultur.
21. April 2009 - 08. August 2009
Ausstellungsraum
Katalogsaal
Zähringerplatz 6
8001 Zürich
Reisebilder, Spiegelbilder
China und der Westen stehen seit Jahrhunderten in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander. Immer wieder zog es Europäer ins ferne Reich der Mitte, während umgekehrt Chinesen die weitläufigen Regionen westlich ihres Landes erkundeten. Die Ausstellung in der Zentralbibliothek zeigt frühe abendländische Werke über China und lädt ein zu einer Reise durch Zeit und Raum auf den Spuren einer faszinierenden Kultur.
Im Jahr 1660 erhielt die Stadtbibliothek Zürich zwei Geschenke exotischen Inhalts: ein prachtvoll koloriertes Exemplar von M. Martinis "Novus Atlas Sinensis" (1655), dem ersten westlichen Atlas von China, sowie eine „sinesische Schachtel, darinnen ein sinesisch geschrybenes Buch von selbigem Papier“, wie im Donationenbuch etwas ratlos vermerkt wurde. Schenker war Konrad Pestalozzi, ein Zürcher Bürger, der sich als Kaufmann in Amsterdam niedergelassen hatte. 1665 ergänzte seine Witwe die Schenkung um den mit zahlreichen Kupferstichen illustrierten Bericht über die 1655 erfolgte Gesandtschaft der niederländischen Ostindien-Kompanie an den chinesischen Hof. Diese Werke legten den Grundstein zu einem stetig wachsenden Bestand abendländischer Literatur über China, der 1996 mit der Sammlung Voiret, die als Depotbibliothek des Ostasiatischen Seminars der Universität Zürich in der Zentralbibliothek aufbewahrt wird, eine willkommene Erweiterung erfuhr.
Die Ausstellung unternimmt anhand illustrierter Originalwerke einen Streifzug durch die wechselvolle Geschichte der Begegnung zwischen China und dem Westen. Den Auftakt machen buddhistische Mönche, die im ersten Jahrtausend n. Chr. von China nach Indien pilgerten und deren Reiseberichte im 19. Jahrhundert in europäische Sprachen übersetzt wurden. Marco Polo, die Hochseeflotten der Ming-Dynastie, die portugiesischen Seefahrer und die jesuitischen Missionare am Kaiserhof in Peking bilden weitere Stationen. Glanzstücke der frühen China-Rezeption sind Athanasius Kirchers opulentes Werk "China illustrata" (1667), die ersten Übersetzungen konfuzianischer Schriften ins Lateinische und J. B. Du Haldes monumentale Enzyklopädie "Description de l’Empire de la Chine" (1736). Eine Folge von Kupferstichen dokumentiert die Feldzüge der Qing-Kaiser in Zentralasien, und auch die Beziehungen Chinas zum russischen Zarenreich werden beleuchtet. Der luxuriös ausgestattete Bericht über die britische Gesandtschaft von Lord Macartney (1793) leitet über zu einer Auswahl aus dem umfangreichen Schrifttum, das den von Kriegen und Demütigungen geprägten Niedergang des chinesischen Kaisertums im 19. Jahrhundert widerspiegelt. Karten der chinesischen Provinzen aus Martinis Atlas und Stadtansichten aus dem holländischen Gesandtschaftsbericht geben ausserdem einen Einblick in die Geographie des Landes. Einige Exponate zeugen von der Auseinandersetzung abendländischer Gelehrter mit der chinesischen Schrift – und im Vorbeigehen wird auch das Geheimnis um die „sinesische Schachtel“ gelüftet!
Ausstellungskonzept: Raffael Keller