Perlen der ZB
Unser Team präsentiert historische Fundstücke und digitale Wissenschaft, packende Lektüre und Unlesbares aus den Sammlungen der Zentralbibliothek Zürich.
Brockhaus Enzyklopädie Online
Neue Auflagen des Brockhaus werden keine mehr gedruckt. Doch im World Wide Web lebt die Enzyklopädie, deren Geschichte bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückreicht, weiter. Angereichert mit multimedialen Elementen und zahlreichen Verweisen und Verlinkungen zwischen den Artikeln wurde das bedeutende Standardwerk ins Internetzeitalter überführt.
Dank der Sprachausgabe, Lesehilfen und einem integrierten Übersetzer kann die Nutzung individuellen Bedürfnissen angepasst werden. Die Inhalte decken alle möglichen Themenbereiche ab, sind redaktionell geprüft und werden regelmässig aktualisiert. Damit ist für Verlässlichkeit gesorgt, die in unserer schnelllebigen Zeit oft zu wünschen übriglässt.
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Zugang (via swisscovery): Angehörige der Universität Zürich haben im Campusnetzwerk Zugriff (inklusive VPN). Benutzende der ZB, die nicht der Universität angehören, können den Brockhaus an den öffentlichen Geräten im Lesesaal der ZB konsultieren.
- Stephan Schmid
E-Medien
Fotokünstlerischer Vorlass von Eduard Widmer
Im vergangenen Jahr schenkte Eduard Widmer (*1932) der Zentralbibliothek Zürich seinen fotokünstlerischen Vorlass mit Schweizer Motiven. Nach einer Lehre als Postbeamter absolvierte er von 1959 bis 1962 die Fachklasse für Fotografie bei Walter Binder und Serge Stauffer an der damaligen Kunstgewerbeschule Zürich. Anschliessend war er im Werbeatelier von Josef Müller-Brockmann und für die Expo 64 in Lausanne tätig. Bereits 1965 machte Eduard Widmer sich selbständig.
Seine Aufnahmen erschienen in den Kulturzeitschriften DU und Turicum sowie im Magazin des Tages-Anzeigers. Ab Mitte der 1960er-Jahre veröffentlichte er seine Fotografien in Einzelpublikationen in den Verlagen Atlantis, Office du Livre, Ex Libris, Haupt und Zytglogge: Guarda, Das Engadinerhaus und Das grosse Burgenbuch der Schweiz erfuhren enorme Popularität. 1984 und 1991 folgten Führer und Buch zu den Forschungs- und naturwissenschaftlichen Ausstellungen Phänomena und Heureka in Zürich.
Neben der Schweiz galt Eduard Widmers künstlerisches Interesse der Türkei, wo zwischen 1958 und 1978 eindrückliche Fotoreportagen osmanischer und byzantinischer Architektur sowie seldschukischer Kunst entstanden. Eine Auswahl an Fotografien erschien 2019 unter dem Titel Türkei 1958–1978. Politik, Religion und Gesellschaft im Alltag. Neben den kunst- und architekturhistorischen Motiven nehmen soziale Themen einen grossen Raum im Schaffen von Eduard Widmer ein. Unter dem Titel Soziale Berufe fotografierte er über Jahrzehnte hinweg Szenen aus der Alten-, Kranken- und Hauspflege und aus Kindertagesstätten.
- Jochen Hesse
Graphische Sammlung
Von der Avantgarde ins Museum: 100 Jahre Surrealismus
Von der Avantgarde ins Museum: 100 Jahre Surrealismus
2024 stand das Surrealismus-Jubiläum weltweit im Rampenlicht. Was aus diesem Anlass publiziert wurde, finden Sie in der Zentralbibliothek. Hier eine kleine Auswahl: In Brüssel startete eine Wanderausstellung, die an jedem Ort neue Facetten des Surrealismus hervorhebt – 2025 in der Hamburger Kunsthalle. In Lausanne ging man den spielerischen Seiten dieser Avantgardebewegung nach, in Deutschland zeigte man, was Alberto Giacometti mit ihr zu tun hat, und andernorts wurden Spuren des Surrealismus in Italien präsentiert.
Ist Surrealismus noch relevant? Wo sieht man Surrealistisches in heutigen Bildern? Auch auf solche Fragen erhalten Sie jetzt neue Antworten – und zwar bei uns in der Zentralbibliothek.
- Lothar Schmitt
Liaison Services
Titelbild Startseite: Reproduktion von l'Ultrameuble von Kurt Seligmann
Weltweites Unikat aus dem 16. Jahrhundert
Niemand würde denken, dass das kleine Büchlein im Sedezformat, das wir heute vorstellen, eine rege Geschichte hinter sich hat. Es stammt aus dem 16. Jahrhundert, als die Täuferbewegung als Abspaltung von Zwinglis Reformation im Kanton Zürich stark verfolgt wurde. Vermutlich gelangte es mit hutterischen Missionaren aus Osteuropa hierher.
Die täuferische Gruppierung der Hutterer stammte aus dem Tirol und genoss in Mähren bis 1622 weitgehende Glaubensfreiheit. Von 1574 bis 1617 kamen immer wieder hutterische Missionare in die Eidgenossenschaft und ermutigten ihre Glaubensgenossen, auf einen ihrer Brüderhöfe auszuwandern, wo sie keinen Repressionen mehr ausgesetzt waren. Im Zeitraum zwischen 1593 bis 1622 gab es in Mähren rund 20'000 Hutterer auf 74 hutterischen Brüderhöfen, wo zahlreiche Familien in Gütergemeinschaft zusammenlebten. Richtschnur ihres Glaubens war das vorliegende Büchlein ihres Lehrers Peter Riedemann mit dem Titel Rechenschafft unserer Religion, Leer und Glaubens.
Nicht alle Zürcher Täufer waren über die Missionare aus Mähren und ihre Literatur erfreut. Viele lehnten verschiedene Aspekte der hutterischen Theologie ab. So bemerkte etwa der Täuferlehrer Hans Müller von Dürnten anlässlich eines Verhörs trocken, dass er mit diesen Büchern nichts zu tun habe. Die Zürcher Obrigkeit war sich der lehrmässigen Unterschiede zwischen den Hutterern und den hiesigen Täufern hingegen nicht bewusst. Das geht aus der 600 Seiten starken, antitäuferischen Abhandlung Der arme Zoller des Wädenswiler Pfarrers Jakob Vollenweider hervor, worin er verschiedene Täufergruppen in den gleichen Topf warf, und auch aus der theologischen Auseinandersetzung mit dem Täufertum, welche die Kirchen- und Schuldiener am 10. Mai 1612 verfassten (heute im Staatsarchiv Zürich). Die Pfarrer zitierten darin wörtlich aus dem vorliegenden Druck, als wäre er ein repräsentatives Werk der Zürcher Täufertheologie.
Die Ausgabe in der Zentralbibliothek Zürich ist ein weltweites Unikat.
- Urs Leu
Alte Drucke und Rara