Jenseits von Lewa ...
«Ich hatte eine Farm in Afrika …»
Von einer kleinen Anhöhe aus schaute ich auf die Lewa Savanne im Zoo Zürich hinunter. Sofort hatte ich diesen Satz im Ohr. Mein Sohn und ich nahmen am Familien-Nachtwandeln durch die beeindruckende Savannen-Anlage teil, unser erstes Zeltabenteuer.
Afrikafeeling auf dem Zürichberg
Wäre Robert Redford aufgetaucht, es hätte gepasst. Natürlich habe ich mich in dieses «Stücklein» Afrika und seine 15 Tierarten verliebt. Wo sonst erhält man die Möglichkeit, von hier auf jetzt szenisch nach Afrika zu reisen und dortigen Lebensraum hautnah zu erleben.
Speziell die drei Leittierarten Breitmaulnashorn, Netzgiraffe und Grevyzebra lassen die Besucherinnen und Besucher schwärmerisch auf Safari gehen. Ebenfalls in der Lewa Savanne, in einem eigenen geschützten Gehege, trifft man auf die witzigen Erdmännchen und ihre zuckersüssen Babys.
Die Lewa Savanne aus der Luft (Video: Priska und Ruedi Abbühl (naturemovie.ch), Dominik Ryser / Zoo Zürich)
Treffpunkt Tiger-Brunnen
Unsere Reise begann um sechs Uhr abends am Tiger-Brunnen beim Haupteingang des Zoos. Anfangs zeigte Zooführer Kaspar Spörri unserer 20-köpfigen Gruppe das Nachtlager. Die Zelte lagen oberhalb der Lewa-Anlage und waren mit Feldbetten, Stühlen und einer Lampe ausgestattet. Im Feld dahinter stand ein kleiner gestreifter Segelflieger, der sich atmosphärisch in die Kulisse einfügte.
Bei der Savanne angekommen, lauschten wir einem kindgerechten, kurzweiligen Vortrag und besuchten das Giraffenhaus. Danach bekamen die Kinder die Aufgabe, Vogelbrei für die Graupapageien zu fertigen. Mein Sohn war voller Leidenschaft dabei. Sein T-Shirt und die Cargo-Hose trugen Zeugnis davon.
Mit Hyänen und Stachelschwein durch die Nacht
Später am Abend, es dämmerte bereits, genossen wir das kleine Buffet und grilliertes Essen, mit direktem Ausblick auf die Lewa Savanne. Robert Redford tauchte auch hier nicht auf, obwohl ich seine Anwesenheit hin und wieder zu spüren glaubte. Die Atmosphäre von «Jenseits von Afrika» war allgegenwärtig.
Nach dem Abendessen unter freiem Himmel begann das eigentliche Nachtwandeln. Erst ein Rätselspass für die Kinder, dann marschierten wir los in Richtung Bus. Er steht neben der Lewa-Anlage und hält für diejenigen, welche die Stufen in die obere Etage hochlaufen, einen erhöhten Ein- und Ausblick bereit.
Mittlerweile war es sehr dunkel und die grossen Felsen, die vor uns aufragten, wirkten etwas bedrohlich. Das Stachelschwein konnten wir gut erkennen, nachdem sich unsere Pupillen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die Hyänen versteckten sich viel besser. Der Hase im Maul von einer der beiden nicht.
Lagerfeuergeschichten im Auge des Löwen
Kurz vor elf trugen, zogen, schleppten wir Eltern die Kinder hoch in Richtung Zelt. Stehend k. o. und glücklich waren sie.
Eines der älteren Mädchen sprach von Lagerfeuer und Marshmallows. Zooführer Kaspar fragte die Eltern um Erlaubnis und schon sassen die restlichen, noch wachen Kinder an einer Feuerstelle in der Mitte der Zelte. Mein Sohnemann, der vorher noch schlafen wollte, trug seinen Stuhl so rasant aus dem Zelt, dass er damit hinfiel.
Im Schein des Lagerfeuers liess ich meine Gedanken schweifen. Kaspar hatte mir während der Wanderung zu den Hyänen von seiner Zeit in Tansania erzählt. Von damals, als er in freier Natur im Zelt schlief und die nahen Löwen hörte. Die geschilderte Atmosphäre imponierte mir sehr und liess mich einfach nicht mehr los.
Als wir um Mitternacht die Zelte bezogen und die späte Nachtruhe begann, hoffte ich auf schnellen Schlaf. Mein Kind forderte noch die versprochene Runde UNO und schlief während des Spieles ein.
Nachts, wenn fast alles schläft …
Die Nacht war recht unheimlich. Regen setzte ein und ich fror fürchterlich. Jedes Geräusch hörte ich. Die Zoo-Hyänen haben nachts offensichtlich ein grosses Redebedürfnis. Der Löwe, der einiges weiter oben auf dem Zürichberg sein Gehege hat, antwortete manchmal. Irgendwann wusste ich, wie viele Falten das Zelt hatte. Genau 112. Ein Licht warf einen herzförmigen Schatten an die Zeltwand, manchmal auch den Schatten eines Käfers. Um 3.34 Uhr schaute ich zuletzt auf das Handy. Um 4.49 Uhr weckte mich mein Sohnemann.
Um die anderen nicht zu wecken, gingen wir beim Einsetzen des Sonnenaufganges weg vom Zeltlager und direkt zur Lewa Savanne. Am Wasserloch trafen meine morgendlichen Schritte auf die ersten Sonnenstrahlen. Ich war völlig übermüdet, aber die unwirkliche Schönheit des Moments entschädigte für die kurze Nacht.
So wurden wir gemeinsam wach. Mit den Tieren, mitten in Afrika ...
Highlights aus der Zoogeschichte
Ramona Wesselow, Abteilung Finanzen
Juni 2022
Header-Bild: Eine Netzgiraffe des Zürcher Zoos (Edi Day / Zoo Zürich)