Perlen der ZB - 2021
Unser Team präsentiert historische Fundstücke und digitale Wissenschaft, packende Lektüre und Unlesbares aus den Sammlungen der Zentralbibliothek Zürich.
Weihnachtszeit ist Guetzlizeit
Bereits die Kelten haben vor Christi Geburt Plätzchen gebacken. Damals wurde die Wintersonnenwende, also die längste Nacht des Jahres, gefeiert. Da die Menschen sich vor dieser dunklen Zeit fürchteten, buken sie den Geistern kleine Gebäcke, um sie zu besänftigen. Im Mittelalter wurden in vielen Klöstern Guetzli gebacken, um sich auf Weihnachten vorzubereiten. Die gebackenen Plätzchen verteilten die Mönche unter den ärmeren Menschen, um ihnen in der Vorweihnachtszeit Freude zu schenken. Heute gehört das Guetzlibacken zum Advent wie der weisse Bart zum Samichlaus.
In den Regalen der Zentralbibliothek Zürich finden Sie Literatur, um für die feierliche Adventsstimmung zu sorgen: Suchen Sie klassische Rezepte oder Inspirationen für das Backen von einzigartigen Weihnachtsguetzli? Möchten Sie einfach einen Adventssonntag mit etwas Speziellem versüssen? Oder suchen Sie Ideen für das Verpacken und Verschenken der kleinen Köstlichkeiten? All das und noch vieles mehr finden Sie in unserem Online-Katalog.
Ulmer Ptolemäus 1482
Die Zentralbibliothek lässt zurzeit ihre wertvollsten und seltensten Atlanten einscannen, um sie auf e-rara.ch für die Öffentlichkeit und die Forschung online zugänglich zu machen. Darunter befinden sich Kartendrucke, die zu den frühesten überhaupt zählen. Die in Ulm 1482 gedruckte Ausgabe einer Ptolemäus-Kosmographie zeigt im Kartenteil («Tabulae») altkolorierte Landkarten, die nach den Instruktionen des alexandrinischen Gelehrten Claudius Ptolemäus im 2. Jahrhundert n. Chr. angefertigt wurden.
Nur zehn Jahre war es her, da die erste Karte überhaupt im Druck erschienen war: Es handelt sich dabei mehr um ein Diagramm, das die bewohnte Welt als einen Kreis mit einem eingeschriebenen «T» darstellt (T-O Schema). Um 1400 wurde die ptolemäische Kosmographie im lateinischen Westen wiederentdeckt, worauf die daraus resultierende Kosmologie und Kartographie die bislang vor allem christlich dominierten Weltbilder ablöste. Mit dem neuen Druckverfahren und der entsprechenden Vervielfältigung erlangte Ptolemäus’ Werk nicht nur eine Wiedergeburt, sondern auch eine noch nie dagewesene Verbreitung in ganz Europa.
Helvetismen – Sprachperlen aus der Schweiz
Auf unsere Mundarten sind wir stolz in der Schweiz. Neben den Dialekten pflegen wir auch viele Besonderheiten in der Standard- oder Schriftsprache. Wir fahren Velo, lassen uns die Haare vom Coiffeur schneiden, essen Gipfeli und am Samstag grillieren wir. Heute gelten Helvetismen nicht mehr als Abweichungen von der Norm oder Fehler, sondern als gleichwertige regionale Varietäten einer plurizentrischen Sprache.
Zu erforschen ist das im Variantenwörterbuch des Deutschen (auch online). Der Duden, Schweizerdeutsch gibt ebenfalls Auskunft zum helvetischen Wortschatz des Deutschen. Auch im Französischen und Italienischen finden sich helvetische Besonderheiten. Davon zeugen z.B. Parler suisse, parler français, der Dictionnaire suisse romand und Lo svizzionario : splendori, miserie e segreti della lingua italiana in Svizzera.
Einen multimedialen Blick auf die Helvetismen ermöglicht vom 13. Oktober bis 10. November 2021 die Wanderausstellung «Helvetismen – Sprachspezialitäten» in der Pädagogischen Hochschule Zürich.
Swisscovery vs. Google
Welches sind die Vorteile einer Recherche in swisscovery im Vergleich zu Google?
- Swisscovery bietet eine bessere Übersicht. Google kann zwar bei der Suche nach wissenschaftlicher Literatur nützlich sein. Es wird aber schnell schwierig, sich in den Unmengen an Informationen zurecht zu finden.
So ergibt eine Suche mit den Stichworten «Entspannung» und «Arbeitsplatz» in Swisscovery für eingeloggte Nutzende und mit der Einschränkung «ZB / Universität Zürich (ohne CDI)» in der Suchmaske 87 Treffer, während eine Google-Suche 21'400'000 Treffer liefert. - Swisscovery zeigt nur Treffer aus seriösen, meist wissenschaftlichen, Quellen. Bei einer Suche in Google müssen Sie selber zwischen wissenschaftlichen und unseriösen Quellen unterscheiden können.
- Über swisscovery gelangen Sie zu den Volltexten. Die im Netz frei zugänglichen digitalisierten Bücher (z.B. über Google Books) sind oft nur Auszüge.
Ein Beispiel hierfür ist der Titel RELAX – Endlich stressfrei in fünf Schritten vom Springer-Verlag, bei dem swisscovery zum Volltext führt. - Das E-Medien-Angebot in swisscovery ist für Sie als Bibliotheksnutzende kostenlos. Wenn Sie mit Google recherchieren, stammen relevante Treffer oft von kommerziellen Anbietern wie z.B. Amazon mit kostenpflichtigen Medien-Angeboten.
Züricherische und eidgenössische Perspektiven
Unlängst wurde der Zentralbibliothek zusammen mit weiteren Blättern die feine Rötelzeichnung von Schloss Flaach übergeben. Aus erhöhter Position blicken wir auf das Treiben in Garten und Hof. Stadt- und Landschaftsveduten dieser Art erfreuten sich seit dem 16. und 17. Jahrhundert grosser Beliebtheit. Die Zeichnung diente dem Zürcher Künstler und Verleger David Herrliberger (1697–1777) als Vorlage für eine Radierung, die er als «16tes Stuck» in seine Folge «Vorstellung Loblichen Standts Zurich Schlösser, oder so genannte ausere Vogteyen» von 1740 aufnahm. Mit diesem Verlagswerk, das Herrliberger dem Machtbereich Zürichs widmete, landete er einen Coup. Denn die Serie der Landvogteischlösser war so beliebt, dass er zwischen 1741 und 1742 mit den beiden Folgen der «Ausseren Amtheusser» und der «Adelichen Schlösser» an den ersten Erfolg anschliessen konnte. Herrlibergers Ambitionen zielten indes auf die gesamte Schweiz. Mit der «Neuen und vollständigen Topographie der Eydgnoßschaft» (1754–1777) beabsichtigte er, die «Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae» von Mattaeus Merian (1593–1650) zu vervollständigen und zu aktualisieren. Grosse Lücken bei einzelnen Gebieten zeigen, dass Herrliberger als Alleinunternehmer die hochgesteckten Erwartungen nicht einlösen konnte.
Die topografischen Werke Herrlibergers sind wichtige kulturhistorische Zeugnisse. Ihnen zur Seite können die «Heiligen Ceremonien» und die «Ausrufbilder» gestellt werden. Erstere halten unterschiedlichste konfessionelle Gebräuche zur Zeit der Aufklärung fest. Letztere vermitteln ein Bild des alltäglichen Lebens auf Zürichs Strassen.
Work-Life-Balance
Interessieren Sie sich für eine bewusstere Lebensgestaltung? Solange Work-Life-Balance ein Gleichgewicht meint, kann sie aus der Balance geraten. Bei uns finden Sie praktische Anleitungen und Lesestoff zum Thema mentales Gleichgewicht und Wohlbefinden. Zum Beispiel Ratgeber zu Yoga und Meditation, Achtsamkeit, Fitness oder gesunder Ernährung – darunter auch Kochbücher.
Wie uns der Körper bewegt, untersuchen diese Bücher zur Körperkultur und ihrer Geschichte. Wussten Sie, dass bereits anfangs des letzten Jahrhunderts Anhänger der alternativen Lebensform in einer Wohngemeinschaft auf dem Monte Verità bei Ascona lebten, darunter bekannte Persönlichkeiten? Wer sich für das Thema interessiert, dem sei auch der Film «Monte Verità» empfohlen.
Malerische Reise in Brasilien von 1835
Hat Sie der Alltagstrott zurück? Machen Sie eine Zeitreise: nach Brasilien vor 200 Jahren. 1822 startet eine wissenschaftliche Expedition ins unbekannte Hinterland Südamerikas. Mit dabei war der 19-Jährige Zeichner Johann Moritz Rugendas. Nach seiner Rückkehr brachte er «Die Malerische Reise in Brasilien» heraus, unterstützt von Alexander von Humboldt. Das Werk enthält über 100 Darstellungen von Pflanzen, Tieren und Bewohnern.
Kommen Sie in den Lesesaal Alte Drucke und blättern Sie im Original. Finden Sie sich im «Urwald bei Manqueritipa» wieder. Studieren Sie die Stadtansicht von Olinda oder den Ohr- und Körperschmuck brasilianischer Indigener. Auch der Text ist lesenswert, er ist von Victor Aimé Huber und enthält auch kritische Töne. Übrigens: 2017 wurde ein anderes Exemplar bei einer Auktion für 8’000 Euro versteigert.
Ab in die Sommerlektüre!
Keine Sorge. Falls Reisepläne versanden, die Ferien keine Fahrt aufnehmen oder Langeweile sich ausbreitet wie der Mittagsdämon, holen wir Sie ins Boot. Unsere Lesetipps aus Nord und Süd, Ost und West legen garantiert ab in andere Welten, Leben und Zeiten. Begeben Sie sich in den Schatten eines Buches und lassen Sie sich treiben – an mehr oder weniger paradiesische Strände.
Die Siziliuminsel von Qiufan Chen (aus dem Chinesischen von Marc Hermann)
Wenn es Antworten gibt auf die Fragen, welche die Globalisierung von E-Schrott aufwirft, dann in diesem Buch. Die Horrorgeschichte erzählt vom Überleben einer Arbeiterin auf einer fiktiven Silicon-Insel, wo Elektroschrott verarbeitet wird – die Schweiz produziert 26 kg pro Kopf und Jahr. Qiufan Chen zählt seit diesem Debut zu den bekanntesten Sci-Fi Autor*innen Chinas. In Wahrheit ist der futuristische Schrecken bereits eingetroffen.
Die Himmelskugel von Olli Jalonen (aus dem Finnischen von Stefan Moster)
Mit Hilfe von Kernen zählt der achtjährige Angus den Vogelbestand auf der Insel St. Helena. Er übt sich als Wissenschaftler. Die Begegnung mit dem Sternenforscher Edmond Halley lässt ihn nicht mehr los, genau so wenig, wie sein grosser Traum: in London wieder mit Halley zu arbeiten. Jalonen erzählt strikt aus der Perspektive von Angus – und dieser beobachtet sehr genau, nicht nur Vögel und Sterne. Auch in Finnisch.
Imani von Mia Couto (aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner)
Mozambique zur Kolonialzeit. Die Einheimische Imani vermittelt zwischen Portugiesen und ihrem Stamm und setzt dabei ihr Leben aufs Spiel. Einfühlsam und detailliert wird die andere Seite der «Eroberung» beschrieben, und etablierte Geschichtsbilder werden in Frage gestellt. Dies ist der erste Teil einer Romantrilogie, die Fortsetzung erscheint demnächst. Auch in Portugiesisch.
Tunnel von Rutu Modan (aus dem Hebräischen von Markus Lemke)
Die israelische Zeichnerin erzählt in der neuen Graphic Novel eine vielschichtige Politsatire: Auf der Suche nach religiösen Artefakten gräbt eine Archäologin einen Tunnel ins Westjordanland und trifft auf zwei Palästinenser, die in entgegengesetzter Richtung einen unterirdischen Gang bauen. Zusammenraufen oder Auffliegen – wie werden sie sich entscheiden?
Höhenfieber über der Leventina von Elda Pianezzi (aus dem Italienischen von Claudia Tassone)
Ein Krimi aus dem Tessin. In einer Berghütte auf 2745 Meter Höhe sucht eine zusammengewürfelte Gruppe Schutz vor dem Sturm. Als einer der Männer tot aufgefunden wird, versucht sich der Hüttenwart als Ermittler. Emotional vorbelastet, beginnt er, ein Geflecht aus Lügen, Machtspielen und finanziellen Interessen zu entwirren, derweil sich draussen die Schneemassen türmen. Auch in Italienisch.
Die grünen Kinder von Olga Tokarczuk (aus dem Polnischen von Lothar Quinkenstein)
«Alma brachte Radieschen aus dem Garten, setzte sich schweigend an den Tisch. Ihre Hände waren wie üblich schmutzig und rissig, ein Anblick, der mich ungehalten werden liess. (…) Radieschen hätten wir auch kaufen und Alma einfach ausschalten können.» Nicht nur Almas Hände, auch der Humor in diesem Buch ist schwarz wie Erde. Auch in Polnisch.
Brache von Dilek Mayatürk (aus dem Türkischen von Achim Wagner)
«Die früh aus der Brache gerissene Erde / Ist jetzt verkrustete Wüste». Schutzlos tritt das Leben in den Gedichten in diesem zweisprachigen Band auf. Schonungslos hält die Sprache es fest. Dilek Mayatürks Poesie will überleben. Das bedeutet manchmal, zu vertrocknen, ohne hart zu werden. «Betrauer nicht die Erde / Versteh die Wüste.»
Mit Baťa im Dschungel von Markéta Pilátová (aus dem Tschechischen von Sophia Marzolff)
«Vor allem erinnere ich mich an die Hitze. Zuerst war sie so trocken wie eine heisse Bratpfanne, die mir am Hirn klebte und Spiegelei draus machte, und gleich darauf wurde es schwül, als ein Regenguss niederging und der Urwald und das Farmland uns ihren klebrig-heissen Dampf entgegenhauchten.». Wer würde hinter diesem Zitat die Geschichte des tschechischen Schuhfabrikanten Jan Baťa vermuten?
Selma Lagerlöf: Die Liebe und der Traum vom Fliegen: Romanbiografie von Maria Regina Kaiser
Selma Lagerlöf verbindet man vor allem mit der Geschichte von Nils Holgersson. Doch wer die Autorin war, ist wenig bekannt. In dieser spannenden Romanbiografie zeigt uns Maria Regina Kaiser eine unkonventionelle Frau, die sich vehement für das Frauenwahlrecht einsetzte, jüdischen Flüchtlingen zur Einreise nach Schweden verhalf und als unverheiratete Frau ein Kind adoptierte. Das Buch ist auch eine Zeitreise ins Schweden des 19. Jahrhunderts.
Blue Ticket von Sophie Mackintosh
Das Leben aller jungen Frauen wird durch eine Lotterie bestimmt. Ein weisses Ticket bedeutet Heirat und Kinder, ein blaues Ticket verspricht Freiheit und Karriere. Was aber, wenn eine junge Frau dieses System hinterfragt? Ein packender Roman über den freien Willen und was es bedeutet, für seine Wahl zu kämpfen und sich gegen das vorherrschende System aufzulehnen.
Hündin von Pilar Quintana (aus dem Spanischen von Mayela Gerhardt)
Neben ungewollter Kinderlosigkeit hat die Protagonistin auch mit den Folgen von Armut, sozialer Ausgrenzung und traumatischen Erinnerungen zu kämpfen. Ihre mühsam aufrechterhaltene Selbstbeherrschung bricht endgültig zusammen, als ein von ihr aufgenommener Hundewelpe ausbüxt und nach Monaten trächtig zurückkehrt. Ein verstörender Roman aus dem ländlichen Kolumbien. Auch in Spanisch.
Adas Raum von Sharon Dodua Otoo
Ein Leben in Schleifen - eines oder doch vier? Der raffinierte Roman gibt vier Frauen über Epochen und Kontinente hinweg Raum und Stimme. Er legt Zeugnis ab von Gewalt und Marginalisierung, aber auch von Widerstand. Alles ist mit allem verwoben, Gegenwart und Vergangenheit, Beseeltes und vordergründig Unbeseeltes. Eine Perle, in der auch Perlen eine Rolle spielen.
Die jüngste Tochter von Fatima Daas (aus dem Französischen von Sina de Malafosse)
Mit Sätzen wie Punchlines einer Slammerin beginnt dieser Text, immer wieder von neuem. Sie eröffnen die poetische Bühne für die Figur Fatima. Symbolisch im Islam. Schwester. Vorzeigeenkelin in Algerien. Sünderin. Französin. Asthmatikerin. Entwöhnte Kamelstute aus der Banlieue. Tochter. Muslimin. Verliebt in Nina. Ein lesbischer Bildungsroman, dessen Intimität in der Nähe zu Allah liegt. Autsch. Auch in Französisch.
Sinka Mensch von Ana Korjaia- Samadašvili (aus dem Georgischen von Sybilla Heinze)
Vor der Tür des Strassenmusikers Aleksi Adamiani landet eines Tages die vermeintliche Enkelin und Titelheldin Sinka Adamiani – Sinka «Mensch». In dunklen und funkelnden Episoden erzählt die Autorin das Erwachsenwerden von Sinka. Sie bringt uns damit gleichzeitig die Geschichte Georgiens und besonders die Stadt Tbilissi näher.
Beirut für wilde Mädchen von Chaza Charafeddine (aus dem Arabischen von Günther Orth)
Am Werk ist eine autobiographische Erzählerin, die völlig unschuldig ganz genau weiss, was sie tut. Als Mädchen blickt sie frech und neugierig auf die seltsame Angelegenheit, die das Leben ist. Als erwachsene Autorin im Hintergrund lässt sie die chaotischen Umstände der Kindheit durchscheinen: den Libanon der späten 60er und der 70er Jahre. Humorvoll und ironisch – bis das Lachen im Hals stecken bleibt.
Vera von Krisztián Grecsó
Vera ist zehn Jahre alt. Sie hat ihre eigenen Ängste, Unsicherheiten und kämpft mit sich selbst. Oft ertrinkt sie beinah in unaussprechlichen Gedanken. Krisztián Grecsó erzählt – bisher nur auf Ungarisch – ihre Kindheit und schreibt ein Stück von uns allen: Wie wir erwachsen (wurden).
Pajais in uondas: poesias = Wiegendes Land: Gedichte von Gianna Olinda Cadonau
Dieser Gedichtband, unser letzter Tipp, beginnt mit steigenden Schwalben, Aufbruch und einem Wink an die engadiner Dichterin Luisa Famos. Es lohnt sich, den Flug des Vogels zwischen Vallader, Deutsch, Französisch und Englisch auch später genau zu beobachten. Manchmal wechselt einer die Feder und ändert die Stimmung eines Gedichts, um sich in einer anderen Sprache zu tarnen.
Der doppelbegabte John Elsas
Der Künstler John Elsas, 1851-1935, war ein Erwerbsleben lang Kaufmann und Börsenmakler in Frankfurt. Erst im Alter von 74 Jahren begann er Blätter in Kombination unterschiedlicher Techniken, Collagen aus Buntpapieren, Aquarell, Tusche und Knittelversen zu gestalten. Aus der Wechselwirkung des scharfen Sprachwitzes und der sprühenden Bildideen entsteht poetischer Mehrwert. Die Qualität dieser Erzeugnisse ist schon den Zeitgenossen von Elsas aufgefallen. Die Arbeiten dieses doppelt Begabten wurden von den damaligen Grössen der Kunstkritik gewürdigt und in Galerien der Avantgarde in Berlin und Paris gezeigt. In Zürich setzte sich der Architekturkritiker und Kunsthistoriker Peter Meyer für dieses erstaunliche Alterswerk ein. John Elsas bedankte sich bei Meyer in einem Brief und mit 12 Blättern, die heute im Nachlass Meyers in der ZB liegen. Dieses kleine aber wertvolle Konvolut ist einzusehen auf e-manuscripta, der Plattform für digitalisierte handschriftliche Quellen aus Schweizer Bibliotheken und Archiven.
Etwa 25’000 Bilder und Knittelverse sind in wenigen Jahren entstanden. Weder dem heuer 170-jährigen Produzenten noch seinen Schöpfungen ist ihr hohes Alter anzusehen. Eine grössere Auswahl des Werks ist ab dem 30. Juni im Strauhof, dem Zürcher Museum für Literatur, zu bestaunen, nämlich anlässlich des 80-jährigen Bestehens von Omanut, dem Forum für jüdische Kunst und Kultur. Der Verein wurde 1941 von jüdischen Emigranten in Zürich mitten im Krieg gegründet. Zum Jubiläum führt ein vielgestaltiges Programm durch das Jahr.
In Zürich erschienen – die Verlagsbucharchive
In einem geschlossenen Archiv der Zentralbibliothek Zürich schlummern unzählige Diogenes-Bücher, 29 Regale füllen sie. Auch die Manesse-Bibliothek der Weltliteratur ist dort zu finden. Buchrücken an Buchrücken dokumentieren diese schmucken weissen Bändchen mit dem farbigen Streifen ein Stück Zürcher Verlagsgeschichte.
Für über 80 Verlage führt unsere Abteilung Turicensia ein Archiv der ganzen Verlagsproduktion. Die Bandbreite reicht von Fachliteratur und Belletristik über aufwändig gestaltete Kunstbücher bis hin zu Kinder- und Jugendbüchern. Die Verlagsprogramme zeigen die kulturellen und ökonomischen Bedingungen der literarischen Produktion. Zudem geben sie Aufschluss über die thematische und gestalterische Individualität der einzelnen Verlage.
Zu allen Archivexemplaren führen wir ein Freihandexemplar. So sind die Publikationen auch für die Öffentlichkeit verfügbar. Der älteste Verlag mit einem Verlagsbucharchiv ist übrigens der Orell Füssli Verlag, die 2019 gegründete Edition Maulhelden der jüngste.
Manuskripte, Briefe, Verlagsprogramme und andere Dokumente von Zürcher Verlagen bewahren wir in separaten Verlagsarchiven auf. Sie sind eine schöne Ergänzung zu den Verlagsbucharchiven und im Archivportal ZBcollections.ch verzeichnet.
Griechischer Unabhängigkeitskampf
Vor 200 Jahren rebellierten Griechen an verschiedenen Orten gegen die osmanische Fremdherrschaft. Erfolgreich waren sie auf der Peloponnes, wo 1830 ein kleiner griechischer Staat errichtet und von den europäischen Grossmächten auch anerkannt wurde. Möglich war dies auch deshalb, weil die griechischen Freiheitskämpfer in der westlichen Welt auf grosse Sympathie stiessen. Einige Philhellenen wie der Zürcher Johann Jakob Meyer (1798-1826) zogen gar selbst ins Kriegsgebiet, um den Griechen im Kampf gegen die Osmanen beizustehen. Andere unterstützten die Hellenen aus der Ferne. Der Zürcher Universitätsgründer Johann Caspar von Orelli (1787-1849) gründete hierzu einen Hilfsverein für Griechen.
In der Zentralbibliothek Zürich finden Sie umfangreiche Literatur zum griechischen Freiheitskampf und zum Philhellenismus.
Afrikaforscher Alfred Kaiser
Der Arboner Alfred Kaiser (1862–1930) wurde schon zu Lebzeiten als Universalgenie und bedeutender Afrika- und Sinai-Forscher gefeiert. Als 18-Jähriger reiste er nach Ägypten und erkundete als Gelegenheitsarbeiter vor allem Wüstenregionen. Er erhielt eine Anstellung im Vizeköniglichen Museum in Kairo und kam mit bedeutenden Afrikaforschern und Naturwissenschaftlern in Kontakt.
1886 unternahm Kaiser seine erste Reise in den Sinai und vertiefte sich dort in landeskundliche und physisch-geographische Studien. An den Zürcher Paläontologieprofessor Charles David Mayer-Eymar (1826–1907) berichtete er über geologische und geomorphologische Befunde aus diesem Gebiet (siehe e-manuscripta).
Es folgten noch weitere Forschungsreisen in den Sinai, nach Eritrea, nach Uganda und nach Äquatorial-Ostafrika (zusammen mit Max Schoeller). Auf diesen Expeditionen wurden zahlreiche Daten erhoben. Davon sind in der Kartensammlung der ZB noch gut zwei Dutzend Manuskriptkarten erhalten. Bei gewissen Gebieten handelt es sich um die erste grossmassstäbliche Kartierung überhaupt (siehe e-manuscripta).
Info zu RBdigital - Unterbruch e-Thek
Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir an dieser Stelle über ein neues Angebot informiert: 50 Magazine in der Hosentasche, mit RBdigital. Nun wird diese Plattform per Ende April 2021 eingestellt. Die gute Nachricht: Eine Nachfolgelösung ist in Sicht – und das auf der altbekannten Plattform OverDrive, wo bereits das englischsprachige Angebot der e-Thek beheimatet ist.
Im April 2021 ist der Zugang zur e-Thek systembedingt unterbrochen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, den Zugang im Mai wieder aufzuschalten. Und nicht nur das: OverDrive wird den Grossteil der englischsprachigen Magazine von RBdigital übernehmen und das Angebot soll um zahlreiche weitere Publikationen ergänzt werden. Dafür wird auf OverDrive zusätzlich zur E-Thek eine zweite Abteilung mit einem mehrsprachigen Angebot für alle Altersgruppen eingerichtet. Wie RBdigital soll auch diese via Pura zugänglich sein. Die beliebten GEO Magazine werden wie bis anhin im deutschsprachigen Angebot der e-Thek verfügbar sein.
Also: Noch etwas Geduld und Sie finden bei uns Altes und Neues zusammengestellt zu einem Angebot extra für Sie!
David Hess - ein aufs Papier geworfenes Leben
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat den Strang unserer Erlebnisse aufgesplittet: in eine Zeit davor und danach. Eine ähnliche Zäsur erlebte auch der Zürcher Patrizier David Hess (1770-1843): die Französische Revolution und den Untergang des Ancien Régime. Sie bedeuteten das Ende seiner Offizierslaufbahn und den biedermeierlichen Rückzug auf sein Landgut Beckenhof.
Zugleich spitzte er als kritischer Beobachter und Karikaturist seine Feder. «Ich könnte nicht leben, ohne meine Gedanken aufs Papier zu werfen», notierte er 1802. Briefe, Gedichte und Zeichnungen in seinem Nachlass in der Zentralbibliothek dokumentieren sein Hadern mit «dieser Lumpenwelt».
Der Künstlerdilettant fertigte aber auch Porträts, witzige Illustrationen, Landschaftsbilder, Panoramen und Lieder. Seine Biografie über Salomon Landolt , den Landvogt von Greifensee, diente Gottfried Keller später als Quelle. 2017 wurde seine populäre «Badenfahrt» neu aufgelegt - erstmals mit den originalen Aquarellen.
Wir laden Sie ein, sich in dieser Welt der Umbrüche, Zeitzeugnisse und Kuriosa umzusehen. Nähere Informationen zum Nachlass finden sich auf den Portalen ZBcollections und swisscovery.
Jenseits von «Out of Africa»
In unserem Bestand finden Sie nicht nur zahlreiche Versionen des Klassikers «Afrika, dunkel, lockende Welt», der 1937 erstmals erschien. Die Auswahl reicht vom gedruckten Buch in Originalsprache über die Übersetzung ins Deutsche bis hin zur Filmadaption «Out of Africa» auf DVD.
In den verschiedenen Sprachen, in denen afrikanische Literatur verfasst wird, gibt es zahlreiche literarische Perlen zu entdecken. Die Africa Bibliography von Cambridge University Press oder das Journal of Commonwealth Literature von Sage (beide in der ZB-Range online verfügbar) helfen Ihnen weiter. Tipp: Letzteres gibt im Winter ein Heft heraus, welches sämtliche literarische Werke der Commonwealth-Länder vom Vorjahr bibliographisch verzeichnet.
Africa, Afrika, Afrique oder Afri*
Eine Suche mit verschiedenen Schreibweisen lohnt sich, um die Treffermenge im Rechercheportal swisscovery zu erhöhen. Ebenfalls hilfreich sein kann ein Blick in die Datenbanken African Research Online von Brill oder die African Studies von Oxford University Press.
Der Landschaftsmaler Jakob Eggli (1812–1880)
Jakob Eggli stammt aus Dachsen im Zürcher Weinland. Er spezialisierte sich auf Landschaften und Ortsansichten der Kantone Zürich, Schaffhausen und Thurgau sowie Süddeutschlands. Seine Kunstwerke haben einen hohen Wiedererkennungswert: Sie zeichnen sich durch einen eigentümlichen, leicht naiven Malstil, eine skizzenhafte Zeichnung, satte Farben und ein leicht hingeworfenes, paradiesisch anmutendes Laubwerk aus.
Seine Ausbildung erhielt Eggli bei Heinrich Uster in Feuerthalen, einem Vertreter der von Johann Heinrich Bleuler gegründeten gleichnamigen Malerschule. Von seinem Lehrer übernahm Eggli die Technik der Gouachemalerei, der er Zeit seines Lebens treu blieb. Auch Eggli wurde Mitarbeiter im Verlag von Bleuler, der seinen Sitz auf Schloss Laufen hatte. Wie sein Patron erwarb er mit Schloss Widen in der Gemeinde Ossingen bei Andelfingen einen standesgemässen Sitz und gründete dort 1836 einen eigenen Verlag. Obwohl seine Kunstwerke begehrt waren, trieb ihn der Schlossbesitz 1840 in den Ruin.
Egglis Ortsansichten sind von hohem dokumentarischem Wert für die Siedlungsstruktur im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Traditionell ist die Dekoration der Ansichten mit rahmenden Bäumen und Staffagefiguren im Bildvordergrund in Gestalt von arbeitenden Bauern oder Spaziergängern.
Eine Auswahl an Bildern Jakob Egglis ist zugänglich auf e-manuskripta.
Online lernen und unterrichten – wir haben die passende Literatur
Einige Erfahrung mit COVID-19 und der Bildung am Bildschirm haben wir gesammelt. Wie wär’s mit einer Weiterbildung?
Lassen Sie sich in unserem Suchportal swisscovery zum Beispiel Lehrbücher zu diesem Thema anzeigen, mit Einschränkung auf Dokumente der letzten 5 Jahre. Unter den folgenden Links finden Sie Literatur speziell zum virtuellem Unterricht und Lernen auf Primarschulstufe oder im Studium. Den aktiven Filter «Lehrbuch» oder «Grundschule» können Sie auf der linken Seite auch löschen und bei «Thema» einen anderen Filter wählen.
Sie möchten sich ganz konkret über den Einsatz von Lernplattformen informieren? Zu zwei dieser Lern-Management-Systeme gibt es inzwischen spezifische Literatur: Moodle und ILIAS. Zum Schluss möchten wir Ihnen den Titel Lernplattformen für das virtuelle Lernen empfehlen, auf den Sie als Hochschulzugehörige/r auch online zugreifen können.
Malermis italienische Bibel
Eine grössere Verbreitung erlebte die italienische Bibel erst durch den Buchdruck. Der venezianische Mönch Niccolò Malermi übertrug die lateinische Vulgata «parola a parola, non variando» in seinen italienischen Dialekt. Die Erstausgabe erschien 1471 in Venedig in einer klaren Antiqua-Type. Unter den 18 heute noch erhaltenen Exemplaren sticht das der Zentralbibliothek Zürich durch seinen künstlerisch hochstehenden Buchschmuck hervor, der dem Pico-Meister zugeschrieben wird. Die Titelseite zur Genesis zeigt Gottvater und die Himmelssphären mit dem Paradies im Zentrum. Ein Mitglied der venezianischen Patrizierfamile Piruli muss die Illuminierung in Auftrag gegeben haben, wie das Besitzerwappen in der Bordüre zeigt. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gelangte die Bibel in die Stadtbibliothek Zürich.